Nachgerechnet: 1892 und ihre Klagen über die Wirkungen des Mietendeckels

Die Adresse Knobelsdorff-Str. 96 ist so etwas wie das Headquarter der Bewegung gegen den Mietendeckel. Dort residiert die „Initiative Wohnungsgenossenschaften“ (die mit dem Bauklötzchen-Logo), die im letzten Jahr die Litfaßsäulenkampagne gegen den Mietendeckel organisierte. Dort ist auch die „Gilde Heimbau“ zu Hause, eine 100%ige Tochter von 1892, die u.a. die Mitgliederzeitungen produziert, in denen das Kampagnenmaterial der „Klötzcheninitiative“ abgedruckt wird, und schließlich die Geschäftsstelle der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG, mit knapp 7000 Wohnungen eine der Großen in Berlin.

Ein Gang durch die hauseigene Mitgliederzeitung „1892 aktuell“ zeigt, wie der Vorstand von 1892 im Jahr 2019 alle Register gezogen hat, um Stimmung gegen den Mietendeckel zu machen.

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Genossenschaften in Zeiten der Pandemie:

Alle Macht den Aufsichtsräten?

Mitglieder- und Vertreter*innen- Versammlungen (im folgenden M/V-Vs) werden abgesagt, Aufsichtsräte bekommen Kompetenzen, die bisher den Mitgliedern vorbehalten waren, Vorstände und Aufsichtsräte können auch ohne Wahl über ihre Amtszeit hinaus im Amt bleiben – Wird die Pandemie zum Totengräber der Restbestände von genossenschaftlicher Demokratie? Wir geben einen Überblick über die Situation und fragen, welche Versammlungs-Möglichkeiten es gibt und wie Genossenschafter*innen aktiv werden können.

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Genossenschaft statt Immobilienspekulation:
Die „Lause“ sucht Unterstützer*innen

Immer häufiger gründen Mieter*innen, die ihre von Verkauf bedrohten Häuser selbst übernehmen wollen, eine Genossenschaft. Aktuelles Beispiel: die Häuser Lausitzer Straße 10 & 11. In 2016 wurde bekannt, dass die Wohn- und Gewerbehöfe verkauft werden sollen. Die 150 Bewohner*innen und Nutzer*innen entschieden sich, gemeinsam mit anderen vom Verkauf bedrohten Projekten eine Genossenschaft zu gründen – und das Haus zu kaufen. Denn „die Gründung einer Genossenschaft war für uns die beste Möglichkeit, das Haus dem Markt langfristig zu entziehen und eine Rechtsform zu haben, die unseren Vorstellungen von basisdemokratischen Entscheidungs- und Aushandlungsprozessen am nächsten kommt.“ Inzwischen ist die „Lause 10 & 11“ ihrem Ziel ziemlich nahe gekommen. Aber noch ist der Kaufpreis nicht finanziert. Die „Lause“ sucht dringend Menschen, die als investierende Genoss*innen Anteile erwerben.

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Am 25./26. September: Alternativer Genossenschaftstag

Pressemitteilung, 4.9.2020

Demokratie in Genossenschaften und die Rolle der Genossenschaften für eine soziale Wohnungspolitik sind Schwerpunktthemen des „Alternativen Genossenschaftstags“ am 25. und 26. September. Bei der Auftaktveranstaltung am 25.9. diskutieren Bea Fünfrocken (Xenion), Werner Landwehr (DIESE eG) und der Stadtforscher Andrej Holm über „Die Rolle der Wohnungsgenossenschaften auf dem Weg zu einer sozialen Wohnungspolitik“. In Workshops am
26.9. werden Themen wie die Überwindung undemokratischer Strukturen in Wohnungsgenossenschaften oder die Zusammenarbeit zwischen Mieter*innenbewegung und Genossenschaften behandelt. Ziel des Alternativen Genossenschaftstages ist es, die Werte der ursprünglichen Genossenschaftsbewegung – Selbstverwaltung und Solidarität – wieder zur Richtschnur der Wohnungsgenossenschaften zu machen und stärker in die Öffentlichkeit zu bringen.

Veranstaltet wird der Alternative Genossenschaftstag von der Initiative DIE GENOSSENSCHAFTER*INNEN. Die Gruppe gründete sich im Jahr 2019 aus Protest gegen die Politik der Genossenschaftsvorstände und der Dachverbände wie dem BBU, die mit viel Geld und fragwürdigen Argumentationen versuchten, den Mietendeckel zu verhindern. In „Offenen Briefen“ machten Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften deutlich, dass sie den Mietendeckel unterstützen und darum die Vorstände „Nicht in unserem Namen“ (so der Titel eines Offenen Briefes) reden. „Wir fordern die genossenschaftlichen Dachverbände auf: Hört endlich auf, Euch zum Sprachrohr der „Deutsche Wohnen AG“ zu machen. Wir wünschen uns Genossenschaften und Dachverbände, die die Selbsthilfe und die Interessen der Mitglieder in den Mittelpunkt stellen und gemeinwohlorientierte Reformen nicht behindern“ heißt es dort. Aus diesen Aktionen entstand die Initiative, die sich neben wohnungspolitischen Zielen auch vorgenommen hat, die innergenossenschaftliche Demokratie zu stärken, die durch eine restriktive Gesetzgebung und autokratische Vorstände vielerorts arg gelitten hat.

Die Auftaktveranstaltung am 25. September wird als Online-Veranstaltung stattfinden, die Workshops sind als Präsenzveranstaltungen mit begrenzter Teilnehmer*innenzahl geplant (Anmeldung erforderlich). Weitere Informationen sowie Anmeldemöglichkeiten sind ab sofort auf der Webseitewww.genossenschafter-innen.de zu finden.

Der Alternative Genossenschaftstag ist zu Ende-

die Vernetzung der Mitglieder geht weiter

Demokratisierung der Wohnungsgenossenschaften und mehr Engagement in der Wohnraumversorgung für Menschen mit geringen Chancen auf dem Wohnungsmarkt – das waren die großen Themen des ALTERNATIVEN GENOSSENSCHAFTSTAGES am 25. und 26. September. Eine Online-Podiumsdiskussion und vier Workshops gaben wichtige Hinweise und Anregungen für die weitere Vernetzung der Genossenschafter*innnen.

Der Alternative Genossenschaftstag ist zu Ende, der Vernetzungsprozess der Mitglieder geht weiter. Hier finden Sie alle Informationen:

 

So lief die Online-Mitgliederversammlung der DIESE eG

Eine der wenigen Berliner Wohnungsgenossenschaften, die eine digitale Mitgliederversammlung mit Vorstandsentlastung, Neuwahl von zwei Aufsichtsräten sowie einer Satzungsänderung durchgeführt hat, ist die DIESE eG. Aufsichtsrat und Vorstand hatten sich für die Abstimmungssoftware der Fa. VOXR (https://voxr.org/de/) entschieden. Mit diesem Verfahren wird für jede*n registrierten Teilnehmer*in ein Zufallscode generiert und dadurch sichergestellt, dass Abstimmungen wirklich anonym stattfinden.

Damit sich die Kosten in Grenzen hielten, kaufte man nur die Softwarelizenz und organisierte die Administration der Abstimmung selbst. Dafür gründete sich eine kleine Projektgruppe mit technikaffinen Mitgliedern, die sich an zwei Wochenenden soweit einarbeiteten, dass sie das Abstimmungsverfahren sicher beherrschten.

65 der 300 Mitglieder hatten sich schließlich für die Mitgliederversammlung am 3. September angemeldet. Die Vorstellung und Diskussion der Tagesordnungspunkte fand als ZOOM-Konferenz statt. VOXR lief parallel und wurde nur für die Abstimmungen genutzt. Gab der Administrator eine Abstimmung frei, öffnete sich auf dem Handy der Mitglieder ein „Abstimmungszettel.“ Das Endergebnis wurde in Echtzeit in ZOOM visualisiert.

Vorstandsmitglied Werner Landwehr zieht eine positive Bilanz: „Es ist nicht absehbar, wann Mitgliederversammlungen wieder als Präsenzveranstaltungen stattfinden können, und selbst wenn: Nach der Pandemie wird mehr online gemacht werden. Deswegen ist es für Genossenschaften wichtig, sich das Know-how anzueignen. Mitglieder, die nicht so viel Erfahrung mit der Technik haben, wurden schon vor der MV unterstützt, sodass sie teilnehmen konnten.“

Begeistert ist Landwehr von der Schnelligkeit: „Kein langwieriges Auszählen mehr, das Resultat ist sofort da.“ Er kann sich darum vorstellen, auch bei Präsenzveranstaltungen die Abstimmungen über VOXR zu organisieren.

Die DIESE eG hat auf jeden Fall Nägel mit Köpfen gemacht und die Satzung dahingehend geändert, dass MVs auch dann noch digital stattfinden können, wenn die Pandemie-Ausnahmeregeln nicht mehr gelten.

Wohnraum für Alle in Genossenschaften?

Was können Berliner Wohnungsgenossenschaften zu einer sozialen Wohnungspolitik beitragen?

Genossenschaften gelten als dritte Säule der Wohnraumversorgung, neben dem Wohnen zur Miete und dem Wohnen im eigenen Eigentum. Sie wirtschaften zur Förderung ihrer Mitglieder – das schreibt auch das Genossenschaftsgesetz vor (§ 1 GenG) – nicht für Profite. Daher können Genossenschaften als eine Form Solidarischen Wirtschaftens verstanden werden.

Genossenschaften sind gekennzeichnet durch das Identitätsprinzip, das bedeutet, dass die Positionen Vermieter*in und Mieter*in, die sich am Immobilienmarkt mit antagonistischen Interessen gegenüberstehen, in einer Organisation vereinigt sind. Jedes Mitglied ist gleichzeitig kollektive*r Miteigentümer*in des Immobilienbestandes und Nutzer*in einer Wohnung.

Dieses soziale Verhältnis ist ein grundlegend anderes als das klassische Mietverhältnis, das ein Abhängigkeits-, ja letztlich sogar ein Unterordnungsverhältnis ist. Die Macht von Wohnungseigentümer*innen wird – oft nur notdürftig – durch mietrechtliche Vorgaben eingeschränkt. Demgegenüber liegt dem genossenschaftlichen Nutzungsverhältnis für einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums ein grundsätzlich würdigeres soziales Verhältnis zugrunde. Gleichwohl gilt im Streitfall auch in Genossenschaften in der Regel das Mietrecht – zum Schutz und zur Wahrung der Rechte der Mitglieder als Bewohner*innen.

Genossenschaftsmitglieder nutzen einen Teil des gemeinschaftlichen Eigentums

Genossenschaften, die sich ein Bewusstsein für ihre besondere Unternehmensform erhalten haben, schließen keine Miet-, sondern Nutzungsverträge ab, die in der Regel ein unkündbares Wohnrecht beinhalten. Gezahlt wird keine Miete, sondern ein Nutzungsentgelt. Dieses soll sich nicht am Markt orientieren, denn Genossenschaften quetschen ihre Mitglieder nicht aus „wie Zitronen“ (Berliner Mieterverein über die Deutsche Wohnen), sondern verteilen nur die anfallenden Kosten. Zumindest sollte es so sein.

In Berlin gibt es 188.400 Genossenschaftswohnungen, fast jede achte Mietwohnung gehört einer Genossenschaft (IBB Wohnungsmarktbericht 2019). Während die Angebotsmieten für Neuvermietungen berlinweit durchschnittlich 10,45 Euro pro Quadratmeter betragen, bieten Genossenschaften freie Wohnungen für 7,23 Euro/qm an (IBB). Die Bestandsmieten lagen Ende 2019 bei durchschnittlich 5,66 Euro pro Quadratmeter (BBU Jahresstatistik 2019). Um eine der begehrten Genossenschaftswohnungen zu bekommen, ist die Mitgliedschaft in der Genossenschaft und die finanzielle Beteiligung mit einer Einlage erforderlich.

In den großen, oft über 100 Jahre alten Genossenschaften halten sich die finanziellen Anforderungen in Grenzen. Sie berechnen sich meist nach der Anzahl der Zimmer einer Wohnung und bewegen sich im niedrigen vierstelligen Bereich. Allerdings haben viele Genossenschaften einen Aufnahmestopp, weil sie schon viel mehr Mitglieder als Wohnungen haben.

Die neueren Genossenschaften, die seit dem Ende des letzten Jahrhunderts gegründet wurden, haben noch nicht so viel Vermögen angesammelt. Die finanzielle Beteiligung wird meist nach der Größe der Wohnung berechnet, pro Quadratmeter muss eine Einlage zwischen einigen Hundert bis knapp eintausend Euro eingezahlt werden. So können erhebliche fünfstellige Beträge zusammenkommen. Aber auch hier gibt es kaum noch freie Wohnungen.

Nicht jede*r findet eine Genossenschaftswohnung

Für die soziale Wohnraumversorgung spielen Genossenschaften eine wichtige Rolle, aber die Nachfrage ist viel größer als das Angebot. Genossenschaften in Berlin errichten nur selten Neubauten – und wenn, dann sind sie teuer, mit nettokalten Nutzungsentgelte ab 10 Euro/qm aufwärts. Bauen kostet viel Geld und die Bodenpreise steigen weiter. Unter Klimagesichtspunkten ist Nachverdichtung in der Innenstadt auch kritisch zu sehen.

Wenn in Milieuschutzgebieten Häuser verkauft werden, bemühen sich mitunter Bewohner*innen darum, dass der Bezirk sein Vorkaufsrecht zugunsten einer Genossenschaft ausübt, und sind sogar bereit, dafür freiwillig höhere Mieten zu zahlen. Die Genossenschaft DIESE eG wurde für solche Fälle gegründet, kann jedoch vorerst keine weiteren Häuser aufkaufen.

Es sind nicht nur, aber auch finanzielle Barrieren, die dazu führen, dass die Bewohner*innenschaft von Genossenschaften oft eher homogen ist. Gerade für diejenigen, die in besonderem Maße auf eine soziale Wohnungsversorgung angewiesen sind, weil sie am Wohnungsmarkt Benachteiligungen unterliegen, sind auch Genossenschaften mitunter eher schwer zugänglich. Daher stellt sich auch die Frage, für wen Genossenschaften bauen – wenn sie dies überhaupt tun – und wem es gelingt es, sich vor Privatisierungen unter das Dach einer Genossenschaft zu retten.

Mitglieder fordern Mitbestimmung

Einige Fragen wirft auch die vielgerühmte genossenschaftliche Demokratie auf. Es stimmt, dass in Genossenschaften jedes Mitglied eine Stimme hat, unabhängig von der Höhe der finanziellen Einlage. Das unterscheidet Genossenschaften von Kapitalgesellschaften. Aber was nützt die gleichberechtigte Stimme, wenn es kaum etwas zu entscheiden gibt? In vielen Genossenschaften trifft der Vorstand die Entscheidungen, oft gemeinsam mit dem Aufsichtsrat. Die Mitglieder – oder in großen Genossenschaften die Vertreter*innen – werden bestenfalls informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt.

Viele sind damit zufrieden und scheinen wenig Wert darauf zu legen, stärker in die genossenschaftliche Selbstorganisation eingebunden zu werden. Aber es regt sich auch Widerstand und immer mehr Mitglieder fordern ihre Mitbestimmungsrechte ein – zuletzt auch gegen Kampagnen von Lobbyverbänden der Immobilienwirtschaft und die leitenden Organe von Genossenschaften gegen den Berliner Mietendeckel – und damit auch gegen die Interessen der Genossenschaftsmitglieder, die auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sind.

Wohnungsgenossenschaften als Selbsthilfeorganisationen der Mitglieder können eine echte Alternative zu profitorientierten Immobilienunternehmen sein. Jedoch schöpfen sie ihre Potenziale bisher viel zu wenig aus. Wie können sie sich demokratisieren, ihre Bewohner*innenschaft diversifizieren und einen Beitrag zur sozialen Wohnraumversorgung mit bezahlbaren Mieten leisten? Und was könnte die Berliner Politik und Verwaltung zur Hebung genossenschaftlicher Potenziale beitragen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Alternative Genossenschaftstag am Fr. 25. / Sa. 26. September 2020 in Berlin.

Der Text erschien erstmals in der Freitag Community am 24.9.2020

Mietendeckel: Jetzt wird abgesenkt!

Am 23. November tritt die nächste Stufe des Mietendeckels in Kraft:  Vermieter*innen müssen auch in laufenden Mietverhältnissen von sich aus die Mieten reduzieren, wenn diese die festgeschriebenen Obergrenzen um mehr als 20 Prozent überschreiten. Es ist unklar, ob alle Genossenschaften dieser Verpflichtung nachkommen. Wenn Zweifel bestehen, sollten Nutzer*innen  jetzt prüfen, ob sie einen Anspruch auf Senkung der Nutzungentgelte haben. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen bietet auf ihren Seiten neben vielen nützlichen Informationen auch einen Mietendeckelrechner an, mit dem jede*r sein Nutzungsentgelt überprüfen kann.

Die Podiumsdiskussion

Auf der Podiumsdiskussion am Freitagabend, die als Livestream aus dem aquarium, einem beliebten Kreuzberger Veranstaltungsort am Kottbusser Tor übertragen wurde, berichtete Werner Landwehr, Vorstand der Genossenschaft DIESE eG, die mehrere Häuser im Rahmen bezirklich ausgeübter Vorkaufsrechte erworben hat, dass viele junge Genossenschaften gerne neu bauen würden, aber keine geeigneten Grundstücke bekämen. Auch eine Genossenschaftsförderung gäbe es praktisch nicht. Der Stadtforscher Andrej Holm stimmte zu und kritisierte, dass die Förderung vom Senat ohne Rücksprache mit den Genossenschaften konzipiert wurde. Er stellte aber auch klar, dass Genossenschaften, wenn sie staatliche Förderung erhalten wollen, Verpflichtungen – zum Beispiel zur Wohnungsvergabe an Menschen mit niedrigem Einkommen – eingehen müssten. Bea Fünfrocken, selbst Aufsichtsrätin einer Genossenschaft, sah die Fixierung auf Staatshilfe skeptisch. Sie setzte  auf die Kreativität und Selbsthilfepotentiale der Genossenschaften, die eine Bewegung von unten wieder zur Geltung bringen müsse.

Da im Laufe der Übertragung eine erhebliche Verschlechterung der Tonqualität eintrat, ist dieses nur der erste Teil der Diskussion. Wir werden versuchen, die Audiospur zu reparieren und dann die gesamte Podiumsdiskussion zugänglich zu machen. Der ungeschnittene Originalclip findet sich hier:
https://www.youtube.com/watch?v=KP7rZcsG_AE
(
Diskussion beginnt bei Minute 55, bis dahin erscheint das einführende Standbild)

Fragen und Anmerkungen der Zuschauer*innen zur Podiumsdiskussion

Während der Podiumsdiskussion am 25.9.2020 gab es die Möglichkeit, über email Fragen und Anregungen zur Diskussion einzureichen. Welche Themen beschäftigen Genosssenschafter*innen? Hier dokumentieren wir einige Mails.

 

Die Workshops – Themen und Ergebnisse

Die Forderung nach einer Demokratisierung von Genossenschaften zog sich wie ein roter Faden durch die vier Workshops am Samstag. Mitglieder aus vielen Wohnungsgenossenschaften trugen Ideen und Vorschläge zusammen.


Wir bedanken uns beim aquarium am Kottbuser Tor, bei der Regenbogenfabrik in der Lausitzer Straße, dem Stadtteilzentrum Familiengarten in der Oranienstraße und dem Nachbarschaftszentrum Kiezanker  in der Cuvrystraße, dass sie uns unkompliziert Räume für die Workshops zur Verfügung gestellt haben. In Pandemiezeiten Diskussionräume jenseits des Internets zu öffnen, ist derzeit eins der größten Probleme zivilgesellschaftlicher Initiativen.

 


Workshop 1: Inwieweit verbinden Wohnungsgenossenschaften ihr wirtschaftliches Handeln mit sozialer Verantwortung für die Gemeinschaft?

Der Workshop wurde gemeinsam vorbereitet und durchgeführt von Bea Fünfrocken (XENION Wohnraum für Geflüchtete), dem AK Wohnungsnot (obdachlose Menschen) und Hestia Wohnraumversorgung (für Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind). Als Möglichkeit, wie Genossenschaften verstärkt Wohnraum anbieten könnten für diejenigen, die kaum Chancen am Wohnungsmarkt haben, beispielsweise Obdachlose oder Geflüchtete, wurde die Gründung eines revolvierenden Fonds vorgeschlagen, in den jede Genossenschaft zum Beispiel 3 % ihres Bilanzgewinns einzahlt und aus dem die Einlagen für mittellose Mitglieder finanziert werden können. Als ersten Schritt  sollte jede der ca. 80 Berliner Wohnungsgenossenschaften bis Ende 2021 mindestens eine Wohnung für Geflüchtete und eine Wohnung für soziale Träger zur Verfügung stellen. Zwei weitere Anregungen aus dem Workshop sind der Entwurf eines solidarischen Leitbilds für Genossenschaften, in dem eine soziale Wohnungspolitik verpflichtend festgeschrieben wird, sowie die Ausbildung der Vorstände, Aufsichtsrät*innen und Mitarbeiter*innen im Sinne des Genossenschaftsgedankens der wirtschaftlichen Selbsthilfe.

Workshop 2: Demokratie in Genossenschaften – Anspruch und Wirklichkeit

Damit sich Genossenschaften von profitorientierten Immobilienunternehmen unterscheiden, müssen sich die Mitglieder stärker beteiligen können.  Wie das gehen kann, untersuchten die Teilnehmenden gemeinsam mit Thomas Schmidt (Moderation). Eine wichtige Erkenntnis: „Das Genossenschaftsgesetz muss geändert werden, damit die Mitglieder mehr Rechte haben“.

Workshop 3: Genossenschaften und stadtpolitische Bewegung(en)

Die Auseinandersetzungen um den Mietendeckel in 2019 haben stadtpolitische Initiativen und Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften stärker zusammengeführt. Im Workshop fragten wir daher: Wie lassen sich diese zarten Pflänzchen stärken, wo sind gemeinsame Interessen, welche gemeinsamen politischen Vorhaben und Forderungen können wir uns vorstellen? Anwesend waren Aktive aus mehreren Berliner Genossenschaften, darunter auch Vertreter*innen und Aufsichtsrät*innen. Sie diskutierten mit Aktiven aus stadtpolitischen Initiativen wie dem „Bündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ und der Initiative „Deutsche Wohnen & Co Enteignen“. Denn stadtpolitisch steht 2021 vieles an: es wird die Entscheidung über den Mietendeckel erwartet, das Volksbegehren zur Vergesellschaftung geht in die zweite Sammelphase und im Herbst sind Wahlen – drei Großereignisse, die die Themen Mieten, Wohnen, Stadtentwicklung wieder stärker auf die Agenda setzen werden. Viele Genossenschaftsvorstände machen nach wie vor mobil gegen den Mietendeckel. Hier bestand Einigkeit über die Notwendigkeit, in der Öffentlichkeit und in der Mitgliedschaft argumentativ gegenzuhalten und für eine solidarische Wohnungspolitik zu werben. Insbesondere der BBU mit seinen beiden renditeorientierten Mitgliedern Deutsche Wohnen und Vonovia wird sich weiter zum Sprachrohr einer neoliberalen Wohnungspolitik machen – Anlässe, einen BBU ohne DW und Vonovia zu fordern, denn nur so wird „unser“ Dachverband zu einer gemeinwohlorientierten Politik zurückfinden.  Zur praktischen Umsetzung wurde angeregt, eine Broschüre mit Argumentationshilfen zur Vernetzung zu erstellen und Wahlprüfsteine für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus zu erarbeiten.

Praxisworkshop: Organizing in Genossenschaften: Wie aktivieren und vernetzen wir die Mitglieder in unseren Genossenschaften?

Es gibt mittlerweile viele Mitglieder in den unterschiedlichen Genossenschaften, die aktiv werden und sich vernetzen wollen. Dabei ist es jedoch oft unklar, wie man so eine Vernetzung und Aktivierung in der eigenen Genossenschaft angehen kann. Um Anregungen für die Praxis zu bekommen stellte Rupay Dahm (RA und selbst Genossenschaftsmitglied) das in den USA entwickelte Konzept des “ Organizing” vor. Ausgehend von den eigenen genossenschaftlichen Erfahrungen diskutierten die Teilnehmer*innen, was sinnvolle Ziele und Methoden sind und wo das Konzept seine Grenzen hat. Anders als in Arbeitskämpfen oder Mietkämpfen gegen große Konzerne, existiert bei Genossenschaften oft keine klare Gegenpartei und es geht eher um die Demokratisierung der existierenden Strukturen. Als konkrete Möglichkeit kam die Idee, einen Leitfaden zu erstellen, wie Mitglieder sich organisieren und sich besser für ihre Rechte einsetzen können.