Berlins Mieter*innen brauchen eine progressive Wende in der Stadt- und Wohnpolitik – die Stadt darf nicht reaktionären Plänen und Investor*inneninteressen ausgeliefert werden.
83 Prozent aller Menschen in Berlin leben zur Miete. Berlin ist die Stadt der Mieter:innen. Und im Wohnen verdichten sich die großen Konfliktfelder von sozialer Ungleichheit, von Verteilungsfragen, Diskriminierung und auch Klimagerechtigkeit.
Die CDU ist eine Partei des Immobilienkapitals. Auf ihr – und insbesondere Kai Wegners – Agieren hin wurde 2020 der Mietendeckel gekippt. Als Lohn gab es von der Immobilienlobby im gleichen Jahr satte Spenden, die 80 Prozent der gesamten Parteispenden der CDU ausmachten.
Die CDU ist außerdem eine rückwärts gewandte Partei. Ihre rassistische Zuspitzung der Debatte über die Silvesterkrawalle und die Ankündigung der Abschaffung des Antidiskrimminierungsgesetzes nach einem Regierungsantritt sprechen eine offen reaktionäre Sprache.
Wir begreifen eine mögliche CDU-Regierungsbeteiligung folglich als Abschied vom Projekt einer fortschrittlichen Politik – auch und gerade im Bereich des Wohnens. Eine Koalition der SPD oder der Grünen mit der CDU bewerten wir als Preisgabe des Mieter*innenschutzes als politischem Auftrag, als Rückabwicklung erster zaghafter Ansätze einer partizipatorischen Stadtentwicklung und als Kampfansage an die von Mietpreissteigerung und Verdrängung bedrohten Mieter*innen Berlins.
Statt rot-schwarz braucht unsere Stadt einen Neustart von rot-grün-rot als wirklich progressiver Koalition. Dem muss diesmal ernsthafte Politik für das Wohl der Berliner*innen zugrunde liegen. Und im Bereich der Stadtentwicklung ist eine Vorbedingung dafür, dass die SPD sich von ihren Altlasten als Partei des Immobilienfilzes trennt. Ihre ideologische Sperrung gegen die – durch die Stadtgesellschaft und die eigene Parteibasis – längst legitimierte Umsetzung der Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne, das Durchdrücken regressiver Gestaltungspläne für den Molkenmarkt oder den Hermannplatz, sowie die Hinterzimmerdeals mit Investoren haben gezeigt, durch wen eine soziale Ausrichtung der rot-grün-roten Koalition im Bereich der Stadtentwicklung aktiv behindert wird: Durch Franziska Giffey, Andreas Geisel, Petra Kahlfeldt und ihre Gefolgsleute vom rechten SPD-Flügel.
Eine progressive Berliner Koalition muss daher, um für die Berliner*innen zu funktionieren, ihre Schlüsselpersonalien abseits von innerkoalitionären Machtkämpfen so wählen, dass die aktuellen Konfliktfelder im Bereich des Wohnens zukunfts- und gemeinwohlorientiert angegangen werden. Unserer Ablehnung einer Regierungsbeteiligung der CDU fügen wir die Forderung an alle r2g-Koalitionär:innen hinzu, Regierungs- und Verwaltungsposten entsprechend zu besetzen: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen muss von einer Person geleitet werden, welche die Interessenvertretung der Mieter:innen und deren Verteidigung gegen die Spekulation mit ihrem Wohnraum als grundlegendes Motiv ihres Handelns im Amt versteht. Statt untätig das – ohnehin uneingelöste – Bauen-Bauen-Bauen-Mantra nachzubeten, muss die gesamte Klaviatur von Bestandsschutz, Stärkung des gemeinwohlorientierten Sektors, von kommunalem Wohnungsbau, kooperativer Stadtentwicklung sowie entsprechender Initiativen im Bundesrat gespielt werden. Die Wohnraumversorgung Berlin muss wieder durch einen Vorstand besetzt werden, der die städtischen Wohnungsunternehmen auf die wirklichen Bedarfe unserer vielfältigen Stadtgesellschaft verpflichtet. Die Senatsbaudirektion muss eine „Stadt für Alle“ zum Leitgedanken erklären, der Intransparenz und autoritär getroffene Entscheidungen bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes ausschließt. Und die nächste Berliner Bürgermeister:in sollte Partizipation und demokratische Beschlüsse achten, statt sie beiseite zu wischen, sowie es verstehen, die Fäden von sozialer Gerechtigkeit und Klimagerechtigkeit in der Stadtentwicklung zusammenzuführen.
Auch eine Petition des Arbeitskreises Munizipalismus Berlin wendet sich gegen eine Regierungsbeteiligung der CDU: hier