„Immofemme“ – Genossenschaft zur Kapital-Akquise

Nach „Job und Wohnen“ und Molkenmarkt-Architekten-eG nun Immofemme: Die Liste der Wohnungsgenossenschaften mit genossenschaftsfernen Zielen wird immer länger. In seiner Juni-Ausgabe berichtet das Mietermagazin, die Mitgliederzeitung des Berliner Mietervereins,  unter der Überschrift „Genossenschaft zur Kapital-Akquise“ über dieses Unternehmen, das Frauen eine gute Rendite verspricht. Wir dokumentieren den Bericht mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

„Immofemme“ – Genossenschaft zur Kapital-Akquise

von Birgit Leiß

Als erste Wohnungsgenossenschaft nur für Frauen will „Immofemme“ Kapitalanlegerinnen für Immobilien gewinnen. Mit der Rendite der – vermieteten – Wohnungen werde Altersarmut vorgebeugt und die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen gestärkt. Mit dem Grundgedanken von Genossenschaften hat das allerdings nichts mehr zu tun.

20.000 Euro, das sind vier Genossenschaftsanteile, muss frau investieren, um Mitglied von Immofemme zu werden. Damit ermögliche man Frauen mit einem Bruchteil des sonst üblichen Kapitals, in Immobilien zu investieren. „Unsere Grundidee war, dass ältere Frauen aufgrund ihrer niedrigeren Rente einen erschwerten Zugang zum Wohnungsmarkt haben“, erklärt Claudia Nagel, Co-Gründerin und Aufsichtsrätin, das Konzept.

Screenshot von der Immofemme-Webseite (https://www.immofemme.de/)

 

Auf der Website der 2021 gegründeten Genossenschaft steht allerdings nicht das Wohnen im Mittelpunkt, sondern der Vermögensaufbau. Es gehe um beides, sagt Nagel. Die Anlegerinnen erhalten eine Rendite, können bei Bedarf aber auch, zumindest mittel- oder langfristig, damit rechnen, dass sie mit einer der von der Genossenschaft erworbenen und dann (Nagel: „… durch ganz normale Fluktuation“) freigewordenen Wohnung versorgt werden. Eigenbedarf können Genossenschaften ohnehin nicht geltend machen. Derzeit habe man vier Wohnungen, drei davon in Berlin. Man strebe ein Portfolio von 200 Wohnungen an.

Während Barbara König vom Genossenschaftsforum e.V. von einem „interessanten Experiment“ spricht, sieht Günter Piening vom Zusammenschluss „Die Genossenschafter*innen“ das Modell kritisch. Seine Beobachtung: Genossenschaften als Form der Kapital-Akquise würden immer attraktiver. Bei Immofemme würden wichtige genossenschaftliche Grundsätze über den Haufen geworfen, etwa wenn vermietete Wohnungen gekauft und die dort Wohnenden nicht Mitglieder mit Stimmrecht werden. Dazu kommt: Wenn eine Genossin eine Wohnung bekommt, kann sie diese auch kaufen und gegebenenfalls weitervermieten: „Das zeigt, dass es sich im Grunde um einen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Genossenschaft handelt“, sagt Piening. Lebenslanges Wohnrecht, gemeinschaftliches Wohnen in Selbstverwaltung – diese Prinzipien finden sich nicht im Konzept.

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