“Wie finde ich eine Wohnung in einer Genossenschaft?”

Genossenschaften bieten nicht nur preiswerten Wohnraum, sondern auch ein vielfältiges Nachbarschaftsleben und ein Mitspracherecht über die Entscheidungen in der Genossenschaft
Genossenschaften bieten eine gute Nachbarschaft und demokratische Mitbestimmung

“Ich suche eine Wohnung in einer Genossenschaft. Können Sie mir helfen?” Dies ist eine oft gestellte Frage an die GENOSSENSCHAFTER*INNEN. Es gibt zwar Auflistungen von Berliner Genossenschaften, wer sich jedoch mit dieser Frage an die einzelnen Genossenschaften wendet, wird meist schnell enttäuscht. Fast alle haben einen Mitgliederstopp, heißt es. Doch es gibt Hintertüren. Einige haben wir gefunden und in einem kleinen Ratgeber zusammengestellt.

Der Mitgliederstopp…

Grundsätzlich gilt: Wer in eine Wohnung in einer Genossenschaft einziehen will, muss zwei Hürden überwinden: erstens, den Beitrag für eine Mitgliedschaft bezahlen, und zweitens, eine passende Wohnung bekommen. Die reine Mitgliedschaft kostet in der Regel nur ein bis zwei Anteile. Wenn eine Wohnung gemietet wird, müssen Anteile nach Größe der Wohnung erworben werden. Der Preis für einen Anteil variiert je nach Genossenschaft.

Da Wohnungen in Genossenschaften derzeit sehr begehrt sind, gibt es meistens mehr Mitglieder als Wohnungen. Wer kommt zum Zuge, wenn eine Wohnung frei wird? In fast allen Genossenschaften ist die Dauer der Mitgliedschaft entscheidend. Wer spät eintritt, muss erstmal alle vorlassen, die vor ihm oder ihr da waren. Darüber hinaus gibt es Vorteile für bestimmte Gruppen: Junge Leute, Familien, Menschen mit Beeinträchtigungen … Letztlich hat jede Genossenschaft eigene Regeln. Wünschenswert wäre eine Veröffentlichung der “Vergaberegeln” auf der Webseite der Genossenschaft, was aber nur selten der Fall ist.

… hat häufig Ausnahmen

Von einem bestehenden Mitgliederstopp sollten sich Wohnungssuchende nicht abschrecken lassen. Eine Nachfrage lohnt, denn in vielen Genossenschaften gibt es Ausnahmen. Wenn eine Wohnung nicht an Mitglieder vermietet werden kann, kommen Externe in die Auswahl. Das gilt oft für kleine Wohnungen in den großen Genossenschaften im Ostteil der Stadt. Manchmal sind es auch hohe Nutzungsentgelte für Neubauwohnungen, die die Altgenoss*innen nicht zahlen wollen oder können.

Von Vorteil ist, wenn Genossenschaften eine Warteliste für Anträge auf Mitgliedschaft führen. Die sind oft lang und man braucht viel Geduld, doch manchmal kommt ein gutes Angebot auch an Externe, wie ein Genossenschaftsmitglied schreibt: “Alle Wohnungen werden bei uns zuerst intern angeboten, und wenn kein Mitglied interessiert ist, werden sie auch an Externe vermietet. Faktisch passiert dies nur bei 1-Zimmer-Wohnungen, da die wohnungssuchenden Mitglieder sich meist vergrößern möchten. Aber manche – auch attraktive – 1-Zimmer-Wohnungen gehen tatsächlich an Externe, die damit dann Mitglied werden.”

Manche Genossenschaften wollen ihre Mitgliedschaft verjüngen und lassen Ausnahmen zu. Die Charlottenburger Baugenossenschaft hat ein spezielles Programm: Jedes Jahr werden 100 Kinder unter 14 Jahren aufgenommen, auch wenn keine verwandtschaftlichen Beziehungen bestehen.

Ausnahmeregeln finden

Viele Genossenschaftsmitglieder beklagen die fehlende Klarheit bei der Wohnungsvergabe. Formulierungen wie “in Einzelfällen kann eine Mitgliedschaft erworben werden“ lassen offen, nach welchen Kriterien ausgewählt wird. Und wenn es Vergaberegelungen gibt, sind diese oft nur intern bekannt und für Nichtmitglieder ist es schwer, Informationen über freie Wohnungen zu bekommen.

1. Ein erster Schritt für Interessent*innen ist, die Webseite der Genossenschaft nach Hinweisen zur “Aufnahme neuer Mitglieder” zu durchsuchen.
2. Eine freundliche Nachfrage nach Möglichkeiten der Mitgliedschaft (nicht nach einer Wohnung!) oder der Existenz einer Warteliste wird in der Regel beantwortet.
3. Gücklich kann sich schätzen, wer ein Genossenschaftsmitglied kennt, das mit aktuellen Hinweisen über leerstehende Wohnungen weiterhelfen kann.

Näher betrachtet: Regeln bei einzelnen Genossenschaften

Im folgenden haben wir exemplarisch die Situation in einigen Genossenschaften aufbereitet. Die Zusammenstellung beruht auf einem Artikel im Tagesspiegel (hier), eigenen Recherchen und Hinweisen aus dem Kreis der Genossenschafter*innen (Stand 21.7.24).

Die Charlottenburger Baugenossenschaft hat seit mehreren Jahren einen allgemeinen Aufnahmestopp. Aufgenommen werden nur nahe Angehörige, Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder, Geschwister, Großeltern. Jedes Jahr wird neu entschieden, ob ein Kontingent von 100 Anteilen an unter 14-jährige Bewerber*innen vergeben wird, die kein Verwandtschaftsverhältnis zu einem bestehenden Mitglied haben. Webseite beachten!

Berolina eG: Im Durchschnitt beträgt die Wartezeit bis zum ersten Wohnungsangebot etwa sechs Monate,“ schreibt Vorstandsreferentin Stefanie Haufe. Die Berolina nimmt neue Mitglieder auf, „sofern sie eine Wohnung in unserer Genossenschaft anmieten.“ Eine Warteliste gibt es auch.

Die Berliner Baugenossenschaft bietet auf ihrer Webseite Formulare für die Wohnungssuche an. Sie weist aber darauf hin, dass es bei großen Wohnungen (3 Zimmer und mehr) zu mehrjährigen Wartezeiten kommen kann.

Die DPF eG hat einen Aufnahmestopp, nimmt aber Neumitglieder auf, wenn sich für eine Wohnung kein Mitglied findet.

Die DIESE eG nimmt neue Mitglieder auf. Sie ist aktiv in Kreuzberg, Schöneberg und Friedrichshain. Die Mieten sind günstig, aber der Anteil ist teuer. Ca. 200 Wohnungen.

Der Beamten-Wohnungsverein zu Köpenick eG führt eine Warteliste mit derzeit 1500 Mitgliedern und 931 Nicht-Mitgliedern. Die Wartezeit bewegt sich zwischen zwei und zwanzig Jahren. Es besteht ein Aufnahmestopp für neue Mitglieder. Aufgenommen werden nur noch minderjährige Kinder von Mitgliedern sowie Neumitglieder aufgrund der Anmietung einer Genossenschaftswohnung.

Die Wuhletal eG nimmt Mitglieder für “Starter-Wohnungen” auf, das sind i.d. Regel kleine 1-Raum Wohnungen.

Die begeno/WIR nimmt Mitglieder auf. Aber Vorsicht: Wohnende werden bei der begeno als investierende Mitglieder geführt und haben darum kein Stimmrecht. Die Entscheidungen liegen in den Händen einer kleinen Gruppe, der u.a. der Wohlfahrtsverband angehört.

Beamten-Wohnungs-Verein zu Berlin e.G.: Die offizielle Position findet sich auf der Webseite. Es besteht eine Warteliste, um in die Genossenschaft aufgenommen zu werden, die derzeit aber geschlossen ist. Kinder von Mitgliedern werden noch aufgenommen.

Erbbauverein Moabit eG: Zu einem konkreten Aufnahmestopp ist im Internetauftritt nichts zu finden. Im Geschäftsbericht 2023 wird ausgeführt, dass ein Zugang von 248 Mitgliedern und ein Abgang von 243 Mitgliedern zu verzeichnen ist. Das lässt darauf schließen, dass es einen Aufnahmestopp mit Ausnahmen gibt.

Bewohnergenossenschaft FriedrichsHeim eG: Freie Wohnungen werden zuerst intern angeboten; meldet sich niemand, kommen sie auf den freien Markt. Mehr Infos hier

Die Merkur-Genossenschaft eG (Lichtenberg) hat ein Aufnahmeformular online.

WG Lichtenberg eG: Berlins größte Genossenschaft nimmt laut Webseite Mitglieder nur bei Abschluss eines Mietvertrags auf. Wegen des großen Bestandes sind in der WGLi häufiger Wohnungen frei als in anderen Genossenschaften, so dass auch Nichtmitglieder Glück haben können und nach relativ kurzer Wartezeit eine Wohnung bekommen. Die Kontaktaufnahme scheint sich auf jeden Fall zu lohnen.

Die Wohnungsgenossenschaft Neukölln eG hat seit einigen Jahren einen Aufnahmestopp. Es gibt zwei Ausnahmen: die eine betrifft Kinder und Enkel*innen von Mitgliedern, die andere betrifft die Anmietung von Wohnungen, für die intern niemand gefunden wurde/die kein Mitglied haben wollte.

Die Selbstbaugenossenschaft eG nimmt noch Mitglieder auf. Sie wurde 1984 im Zuge der Internationalen Bauausstellung (IBA) als Modellvorhaben gegründet und besitzt aktuell 11 Häuser vorwiegend in Kreuzberg.

Die Grüne Mitte eG hat Siedlungshöfe in Hellersdorf und einzelne Häuser im Ringbereich. Es gibt keinen Mitgliederstopp.

Märkische Baugenossenschaft eG: Auf der Webseite gibt es ein Bewerbungsformular für Mitgliedschaft. Die Wohnanlagen sind im Stadtgebiet verteilt.

Wohnungsbaugenossenschaft Wilhelmsruh eG: Auf der Webseite heißt es: “Aufgrund der Vielzahl von Anträgen auf eine Mitgliedschaft kann nur noch eine begrenzte Anzahl von Mitgliedern aufgenommen werden” und es sei mit “mehrjährigen Wartezeiten” zu rechnen.

Die Genossenschaft selbstverwalteter Projekte GSP eG realisiert Wohn- und Gewerbeprojekte an verschiedenen Standorten. In Karlshorst gibt es derzeit freie Wohnungen, die mit Wohnberechtigungsschein (WBS) bezogen werden können.

EVM Berlin eG: Neue Mitglieder werden nur aufgenommen, wenn ein Dauernutzungsvertrag (Mietvertrag) zustande kommt. Aufgrund der sehr hohen Nachfrage an Wohnungen mit mehr als zwei Zimmern sind häufig mehrere Jahre Wartezeit möglich. Ein Mitglied schreibt: “Wenn eine Wohnung nicht unter den Bestandsgenoss*innen vermittelt werden kann, kommt sie auf die Webseite. Dann kann sich Jede bewerben.”

Wenn Sie auch Informationen über eine Genossenschaften haben, die noch Mitglieder aufnimmt, nehmen wir diese gern auf.

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