Die Fraktion der LINKEN im Abgeordnetenhaus hat Eckpunkte für ein Gesetz zur Sicherung preiswerten Wohnraums vorgelegt. Damit sollen die Spielräume genutzt werden, die das Land für eine mietpreisdämpfnede Wohnungspoilitk zur Verfügung hat. Besonders ein Vorschlag dürfte für hitzige Debatten sorgen: Vermieter*innen, die in Berlin mindestens 50 Wohneinheiten besitzen, sollen bis zu 35 Prozent der jährlich neu vermieteten Wohnungen an WBS-Berechtigte zu festgesetzten Mieten vergeben. Dieses soll auch für Genossenschaften gelten. Wir fragten Niklas Schenker, den Sprecher für Mieten, Wohnen, öffentlichen Wohnungsbau und Wohnungsbauförderung der Linksfraktion, zu den Hintergründen.
Nachdem der Mietendeckel und auch das Vorkaufsrecht durch Gerichtsentscheidungen gekippt sind, bleibt die Frage, welche Möglichkeiten dem Land Berlin überhaupt noch bleiben, um die Situation auf dem Mietenmarkt zu verbessern? Dazu hat die Fraktion der LINKEN im Abgeordnetenhaus bei Prof. Pia Annika Lange, Direktorin des Zentrums für Europäische Rechtspolitik (ZERP) an der Universität Bremen, ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Studie will die Berliner Linksfraktion nun ein „Sicher-Wohnen-Gesetz“ erarbeiten. Ein Kernelement des Konzeptes: Vermieter*innen, die in Berlin mindestens 50 Wohneinheiten besitzen, sollen bis zu 35 Prozent der jährlich neu vermieteten Wohnungen an WBS-Berechtigte zu festgesetzten Mieten vergeben. Je mehr Wohnungen ein Unternehmen vermietet desto höher soll der Anteil an zu vermietenden bezahlbaren Wohnungen pro Jahr sein. Für Menschen in einer „Wohnungsnotlage“ soll das Land Benennungsrecht erhalten.
Genossenschaften bieten zwar Wohnungen, die häufig innerhalb der Grenzen des WBS liegen, Belegungsrechte aber lehnen viele Genossenschaften ab. Von den 90.570 Sozialwohnungen insgesamt haben die Genossenschaften gerade mal 4.530 (Stand: Mai 2024, Quelle: Pressestelle SenStadt). Der Widerstand gegen diese Vorschläge auch aus Genossenschaften und deren Verbänden ist also vorprogrammiert.
Fragen an Niklas Schenker, den Sprecher für Mieten, Wohnen, öffentlichen Wohnungsbau und Wohnungsbauförderung der Linksfraktion
Sie fordern für Wohnungsunternehmen mit mehr als 50 Wohnungen WBS-Quoten, die mit der Größe des Unternehmens steigen. Geht es hier nur um die Miethöhe oder soll es hier auch Belegungsrechte geben?
Schenker: Wir wollen, dass alle gewerblichen Vermieter in Berlin einen Beitrag dazu leisten, dass Normal-Berliner mit durchschnittlichen Einkommen endlich wieder besser eine bezahlbare Wohnung finden. Unser Konzept sieht deshalb vor, dass etwa jede dritte Wohnung zu einer festgesetzten Miete an Mieter geht, die Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben. Es geht also um eine Mietpreisbindung und Belegungsrechte. Die Grenze für Berechtigte wollen wir bei einem 1-Personen-Haushalt bei 2.200 Euro netto Haushaltseinkommen ziehen.
Gilt dieses auch für Genossenschaften?
Schenker: Auch Genossenschaften sollen ihren Beitrag dazu leisten, dass Menschen mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, besser eine bezahlbare Wohnung finden. Wir werden im weiteren Verfahren prüfen, inwiefern es möglich oder sinnvoll ist, gemeinwohlorientierte Unternehmen teilweise von Regelungen des Vorschlags herauszunehmen. Man muss aber dazu sagen: bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen gehen jährlich 2/3 aller freiwerdenden Wohnungen an WBS-Berechtigte. Ich denke es ist zumutbar, wenn Genossenschaften, die eine sehr wichtige Funktion für Berlin übernehmen, sich künftig auch mit einer festen Quote an der sozialen Wohnraumversorgung für Berliner Mieter beteiligen.
Viele Genossenschaften lehnen Belegungsrechte ab. Wie wollen Sie die Genossenschaften von der Notwendigkeit der Belegungsrechte überzeugen?
Schenker: Wir werden mit unserem Gesetz in eine breite Debatte in die Stadtgesellschaft gehen. Genossenschaften haben im Vergleich sehr günstige Mieten, gerade deshalb wäre es so wichtig, dass diese Wohnungen stärker auch für Menschen geöffnet werden, die über niedrige oder mittlere Einkommen verfügen. Das muss doch auch im Interesse der Genossenschaften liegen und ich bin optimistisch, dass wir da zusammenkommen.
Haben Genossenschaften oder deren Verbände schon auf das Konzept reagiert?
Schenker: Wir haben jetzt zunächst unser (grobes) Konzept vorgestellt. Wir werden nun einen Gesetzentwurf erarbeiten und dieses ungefähr im Frühjahr nächsten Jahres dann breit diskutieren. Bisher haben Genossenschaften nicht reagiert. Ich gehe aber gar nicht davon aus, dass es wirklich gute Gründe gegen unseren Vorschlag geben könnte. Unser Vorschlag sieht eine Mietpreisbegrenzung für jede dritte Wohnung auf das Niveau von Sozialwohnungen vor. Viele Genossenschaften vermieten ohnehin sehr günstig, für viele Genossenschaften dürfte das Gesetz also garantiert keine negativen Folgen haben. Wenn mehr Menschen mit geringem Einkommen einen Platz in einer Genossenschaft bekommen, dann sollte das auch im Interesse der Genossenschaften sein. Ich hoffe, dass wir hier einen gemeinsamen Weg finden.
Das Konzept gibt es hier.