Genossenschaften stecken ihre Überschüsse in die Instandhaltung von Wohnungen, Landeseigene in den Ausbau ihrer Bestände, und die Wiener Wohnen macht keine Überschüsse, sondern nimmt nur die Kostenmiete und sichert den sozialen Versorgungsauftrag. Das ist – sehr grob skizziert – das Ergebnis der Studie zu den Bewirtschaftungskosten öffentlicher und genossenschaftlicher Wohnungsunternehmen, die Andrej Holm am 25.10.24 auf einer gut besuchten Veranstaltung der GENOSSENSCHAFTER*INNEN vorstellte.Anlass der Studie, so Holm, war die Diskussion um die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen und die Frage, wie hoch die Miete sein muss, um eine bestandssichernde, nachhaltige und soziale Bewirtschaftung zu gewährleisten. Dazu wurden die Geschäftsberichte der Landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) mit 360.000 Wohnungen, von vier Berliner Genossenschaften (WBG) mit größeren Wohnungsbeständen (30.000 Wohnungen) sowie die Gemeindewohnbauten von Wiener Wohnen (WW) mit 210.000 Wohnungen untersucht.
Verglichen wurden Personalkosten, Kosten für die Instandhaltung sowie die Höhe der Abschreibungen (was bei Immobilienunternehmen vor allem Zinsen sind) und die Miethöhe.
Legt man Durchschnittswerte zugrunde, ergeben sich interessante Differenzen:
– Die Mieten von LWU und WBG liegen 1 – 2 Euro über der reinen Kostenmiete, während die WW nur eine „kostendeckende Bewirtschaftungsmiete“ nimmt
– Diese Überschüsse investieren die LWU in die anstehende energetische Modernisierung und den Neubau.
– Bei den Genossenschaft gehen sie in die Instandhaltung der Wohnungen oder in die Rücklagen.
In diesen Zahlen, so Holm, spiegeln sich die unterschiedlichen Anforderungen, vor denen Vorstände stehen. Während die LWU durch Kooperationsvereinbarungen mit dem Senat gedrängt werden, den Neubau anzukurbeln, wollen die Genossenschaftsvorstände ihre Mitglieder zufriedenstellen. Wiener Wohnen hat die „klare Aufgabe, Mietwohnungen für einkommensschwächere, wohnungsbedürftige Personen und Familien“ bereitzuhalten und zu schaffen. Aber alle Vorstände, so Holm, sehen Nachhaltigkeit als sinnvolles und lohnendes Ziel an.
Nach Auswertung aller Daten haben die Forscher*innen ein Mittelwert-Szenario entwickelt, das als Messlatte für eine ordentliche Bestandsbewirtschaftung mit sorgfältigen Instandsetzungsmaßnahmen, einer zuverlässigen und gut erreichbaren Verwaltung, regelmäßigen Investitionen in die Modernisierung sowie einer schrittweisen Erweiterung der Bestände dienen kann. Dies wäre mit einer Bruttomiete von 7,98 €/m² zu erreichen. Die errechnet sich so:
– 1,83€ Kosten für Instandhaltung
– 1,21€ Personalaufwendungen
– 2,56€ sonstige Kosten
– 2,39€ weitere Aufwendungen
– 2,56€ Betriebskosten
Für Bestandserweiterungen aus eigener Kraft oder energetische Modernisierungen ohne massive Förderung reichen solche Mieten jedoch nicht. Diese Zahlen beziehen sich auf 2022, heute, so Holm, müsse man von ca. 10,00€ ausgehen.
In der anschließenden Diskussion wurde versucht, den Gebrauchswert der Untersuchung für die Analyse einzelner Genossenschaften zu prüfen. Die allgemeine Einschätzung: Die Studie bietet einen groben Maßstab für ein angemessenes Nutzungsentgeld. Durch die Analyse der Geschäftsberichte und das „empirische Wissen“ über die Bewirtschaftungspolitik der eigenen Genossenschaft lassen sich Abweichungen erkennen und Ursachen (Vorstandsentscheidungen) herausfinden, die zu erhöhten Nutzungsentgelten führen. Dh. es lässt sich ermitteln, welchen Prinzipien die Wirtschaftstätigkeit folgt. In der innergenossenschaftlichen Diskussion könne man so bessere Argumente für eine andere Bewirtschaftungspraxis – Nutzungsentgelte senken oder Überschüsse solidarisch verwenden – erarbeiten.
Die GENOSSENSCHAFTER*INNEN kündigten am Ende der Veranstaltung an, entsprechende Arbeitsblätter vorzubereiten, die – auch unter Zuhilfenahme der Handreichung „Bilanzen“ (hier) – die Analyse der Bewirtschaftungspolitik der eigenen Genossenschaft erleichtern.
Andrej Holm, Sebastian Gerhardt, David Scheller, Itziar Gastaminza Vacas, Keine Profite mit der Miete. STRATEGIEN FÜR EINE BESTANDSSICHERNDE, NACHHALTIGE UND SOZIALE BEWIRTSCHAFTUNG GROSSER WOHNUNGSBESTÄNDE
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