Wie sollen Genossenschaften und andere gemeinwirtschaftlich ausgerichtete Wohnungsunternehmen in Berlin künftig gefördert werden? Dazu hat das Netzwerk „Gemeinwohlorientierte Immobilienakteur*innen“ (GI) jetzt ein „Impulspapier“ vorgelegt. Schwerpunkte sind mehr Transparenz bei der Vergabe, Anpassung der Fördersummen an den jeweiligen Bedarf sowie einen eigenständigen Förderweg für genossenschaftlichen Anteilserwerb. Besonderen Diskussionsstoff dürfte die Forderung bieten, eine Förderung nicht mehr an der Rechtsform, sondern an inhaltlichen Kriterien auszurichten.
Das würde in der Konsequenz heißen, dass Zusammenschlüsse wie das Mietshäuser Syndikat oder andere gemeinwohlorientierte Haus- und Wohnprojekte unter die neue Förderung fallen würden. Genossenschaften würden auch weiter gefördert, allerdings müssen auch sie gemeinwirtschaftlichen Prinzipien folgen. Agieren sie wie andere profitorientierte Unternehmen, kämen sie nicht mehr in den Genuss der finanziellen Unterstützung. Angesichts der rein marktwirtschaftlichen Ausrichtung so mancher Genossenschaft wäre das ein überfälliger Schritt, um Fördermittel dort zu konzentrieren, wo sie die Gemeinwirtschaft stärken.
Das Netzwerk GI ist ein loser Zusammenschluss von Personen aus Initiativen, Vereinen und Unternehmen, die mit „Impulspapieren“ Anstoß für eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik geben wollen. Das Netzwerk GI wurde von der AKS Gemeinwohl, Vertreter*innen aus dem Bündnis Junge Genossenschaften Berlin und dem Mietshäuser Syndikat im März 2019 ins Leben gerufen. Es wird in Ko-Produktion der AKS-GI-Stelle und dem LokalBau-Team koordiniert. Zum Netzwerk gehören u.a. ARGE Forum Kreuzberg GbR, Eine für Alle eG i.G., genowo Genossenschaft für Wohnprojekte eG, Mietshäuser Syndikat sowie die Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ eG.
Das Papier mit dem Titel „Berlin braucht Förderung für gemeinwohlorientierte Unternehmen, ihre Häuser und deren Bewohner*innen“ ist hier zu erhalten.
Wie Ihr sicher wisst, ist eine Genossenschaft an sich nicht gemeinwohlorientiert oder gemeinnützig. Gemeinnützig ist von Gesetzes wegen eine Körperschaft, die selbstlos für andere Leistungen erbringt, ohne eine Gegenleistung dafür zu vereinnahmen. Diese Selbstlosigkeit ist bei Spenden klar. Genossenschaften sind aber von Gesetzes wegen am Nutzen für ihre GenossInnen verantwortlich, nicht selbstlos für andere, die nicht Mitglieder der Genossenschaft sind, tätig – ebenso wie Mitglieder einer Aktiengesellschaft auch nicht primär für Nichtmitglieder verantwortlich sind, sondern zunächst für sich und ihr Eigentum. Deswegen habt Ihr recht, es muss noch viel dazu kommen, bevor man eine Genossenschaft als gemeinnützig bezeichnen kann. Eine Genossenschaft ist an sich noch keineswegs ein gemeinnütziger, selbstlos wirkender Verein. Das zu wissen, ist nützlich und bewahrt vor Enttäuschungen.
Auch wenn Genossenschaften nicht so gemeinnützig, nicht so selbstlos und nicht so gemeinwohlorientiert wie gemeinnützige Vereine sind, können sie hilfreich in der Wohnungswirtschaft sein.
Dem muss leider zugestimmt werden!
Die Genossenschaft oder Cooperative ist eine weltweit praktizierte Entscheidungsstruktur, die ursprünglich garantieren sollte, dass keine Profite an Außenstehende fließen. Genossenschaften sind zwar primär keine gemeinnützigen, sondern eigennützige Organisationen, die ihren Mitgliedern Vorteile bringen sollen. Es zeigte sich aber, dass sie auch auf diesem Wege volkswirtschaftliche Bedeutung für alle Bürger der betreffenden Region hatten, da sie in der Regel bessere Produkte zu niedrigeren Preisen lieferten, damit den kapitalistischen Markt unter Druck setzten und somit sekundär gemeinnützig waren.
Klaus Novy, Michael Prinz: Illustrierte Geschichte der Gemeinwirtschaft. 1985