Unruhe in Groß-Berlin – Mitgliederversammlung verweigert Entlastung

Die Wohnbau-Genossenschaft Groß-Berlin eG in Spandau-Hakenfelde hat etwa 320 Wohnungen. Bis 2018 ging es dort beschaulich zu. Dann begann die Katastrophe. Der Vorstand, ein ehemaliger Prüfer des BBU, kaufte für rund 1,5 Mio € eine Immobilie in der Nähe. Das wurde viel teurer als geplant. Das Fundament musste erneuert werden, Asbest wurde gefunden, insgesamt zeigt der Bau konstruktive Mängel.  4,7 Mio € sind bisher für sechs Wohnungen (!) geplant. Die Kreditsumme musste erheblich erhöht werden, statt einem leichten Plus wie in den Jahren zuvor machte die Genossenschaft mächtig Minus. 1,8 Mio € schiebt sie nun als Verlustvortrag vor sich her. Das ist mehr als die jährlichen Mieteinnahmen der gesamten Genossenschaft.

Wie konnte das passieren? Offenbar sind beim Kauf alle normalen Vorsichtsmaßnahmen missachtet worden. Es habe keine Untersuchungen zur Bodenbeschaffenheit, keine zum Wert der Bausubstanz und auch keine über die zu erwartenden Baukosten gegeben, heißt es in dem Prüfbericht zum Geschäftsjahr 2020, den die Mitglieder auf der Generalversammlung am 29. Juni diskutiert haben. Das werfe Fragen „hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung in Bezug auf den Erwerb des Grundstücks“ auf. Der damals verantwortliche Vorstand hat sich allerdings davon gemacht und arbeitet nun bei einer anderen Wohnungsgenossenschaft. Kein gutes Licht wirft der Vorgang auch auf den BBU, der in seinem Prüfbericht für das Jahr 2019, in dem der Kauf getätigt wurde, nichts Anstößiges fand und erst zwei Jahre später die Umstände des Kaufes kritisierte.

Die Mitglieder werden wohl die Zeche mit höheren Nutzungsentgelten zahlen müssen. Sie wurden erst umfassend informiert mit den Einladungsunterlagen zur diesjährigen Mitgliederversammlung. Einige wandten sich an DIE GENOSSENSCHAFTER*INNEN, gemeinsam wurden die Berichte durchforstet und überlegt, was zu tun ist. Die Tagesordnung der MV am 29. Juni bot dafür große Möglichkeiten. Denn Aufsichtsrat und Vorstände mussten entlastet und der Aufsichtsrat neu gewählt werden – beides Entscheidungen, die voll in der Hand der Mitglieder liegen.

Keine Entlastung für Vorstand und Aufsichtsrat

Die Mitglieder nutzten diese Chance mit eindeutigen Ergebnissen. Die alten Vorstände und Aufsichtsräte wurden nicht entlastet, so dass rechtliche Schritte weiter möglich sind. Ein neuer, unbelasteter Aufsichtsrat wurde gewählt. Und der 2021 ins Amt gekommene Vorstand kündigte an, dass ein unabhängiger Rechtsanwalt die Verantwortung und mögliche Schadenersatzforderung gegenüber aller Beteiligten überprüfen soll. Insgesamt, so der Eindruck, ist die Geschäftsführung jetzt bemüht, wirklich alle Karten auf den Tisch zu legen und damit die Voraussetzungen zu schaffen, dass gemeinsam mit den Mitgliedern ein Ausweg aus der Misere gesucht werden kann.

Inzwischen hat der Fall aber auch die Politik erreicht. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der BVV Spandau, Hans-Ulrich Riedel kritisiert in einer Stellungnahme vor allem den BBU. „Was mich wirklich sprachlos macht, ist, dass der verantwortliche Vorstandsvorsitzende, der sich längst eine neue Position gesucht hat, ursprünglich vom BBU kam, aber genau dieser BBU auch die Wirtschaftsprüfung der Genossenschaft durchführt. Das verträgt sich überhaupt nicht mit der Compliance-Richtlinie der EU, aber auch nicht mit dem gesunden Menschenverstand!“

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