Genossenschaftsförderung: Privatisierung städtischen Bodens nach 10 Jahren möglich?

Der Senat hat in Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Katalin Gennburg (Die LINKE) präzisiert, ob und wie Genossenschaften, die ein städtisches Grundstück bekommen haben, die Wohnungen in Privateigentum umwandeln können. Interessant ist dieses vor dem Hintergrund der geplanten „Architektengenossenschaft“, die gern ein Stück vom Molkenmarkt erwerben möchte. Wie ist die Neuregelung zu bewerten und welche Folgen kann das haben, fragten wir die Abgeordnete.

Was ist der Hintergrund Ihrer Anfrage?

Gennburg: Grund der Anfrage ist die Auseinandersetzung mit dem Architekten- und Ingenieurverein (AIV) und das Lobbying von Herrn Nöfer, einem einflussreichen Protagonisten in der Berliner Baupolitik, bei CDU und SPD in den vergangenen Koalitionsverhandlungen. Nun stellt sich die Frage, für welche Art von Genossenschaften das interessant werden könnte und unter welchen Rahmenbedingungen hier möglicherweise die Privatisierung von Landesgrundstücken ganz gezielt durch den Berliner Baufilz vorangetrieben wird.

Nun hat es aber im letzten Jahr eine Präzisierung gegeben, die eine Verengung der Förderung bedeutet.

Gennburg: Seit Mitte letzten Jahres gilt eine neue Verwaltungsvorschrift, die GFB2023. Nach dieser wären eigentumsorientierte Genossenschaften, also solche die letztlich auf die Eigentumsbildung der Genossenschaftsmitglieder abzielen und nicht auf das Wohnen der Mitglieder, von der Förderung ausgeschlossen, da sie zwar möglicherweise die Bedingungen des § 11 Abs. 3 WoFG erfüllen, aber nicht den Grundzielen der Neubauförderung entsprächen (Schaffung von Wohnraum). So weit, so nachvollziehbar.
Der Sprengsatz steckt m.E. im ersten Absatz auf Seite 4:
„Im Falle einer späteren Umwandlung der Genossenschaft in eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist die förderempfangende Genossenschaft bzw. deren Rechtsnachfolger verpflichtet, für die geförderten Wohnungen auf die Geltendmachung von Eigenbedarf gemäß § 573 Absatz 2 BGB bis zum Ablauf von zehn Jahren nach dem Ende des Förderzeitraums zu verzichten. Der Abverkauf einzelner geförderter Wohnungen ist während dieses Zeitraums ausgeschlossen (siehe Nr. 3.4.3 GFB 2023).“

Verstehe ich das richtig: Die Grundstücke werden nicht dauerhaft dem Markt entzogen, sondern können nach 10 Jahren privatisiert werden?

Gennburg: Ich bin in großer Sorge um unsere Landesgrundstücke und das kommunale Eigentum, das wir für die Versorgung breiter Schichten mit Wohnraum und zur Daseinsvorsorge brauchen aufgrund der Politik dieser Rückschrittskoalition!
Der Bausenator muss Klarheit herstellen über folgende Fragen: Ist es möglich, formal eine „klassische“ Wohnungsbaugenossenschaft zu gründen und damit Fördermittel zu erhalten bzw. sich auch an Konzeptverfahren oder neuen Stadtquartieren zu beteiligen? Und wenn dieser Wohnraum gebaut ist, kann die Genossenschaft dann in eine Wohnungseigentümergemeinschaft umgewandelt werden und die gebauten Wohnungen müssen nur noch 10 Jahre gehalten werden bzw. könnten somit die Bewohner*innen nach 10 Jahren per Eigenbedarf verdrängt werden?
Hier gibt es also ein Einfallstor für den AIV oder vergleichbare privatwirtschaftliche Akteure sowohl am Molkenmarkt als auch bei anderen, v.a. kleineren und mittleren Neubauvorhaben, als Genossenschaften getarnt in die Förderung zu kommen und dann aber mittelfristig zu privatisieren. Das darf nicht passieren und ich fordere dazu Aufklärung!

Die Antwort des Senat auf die Anfrage finden Sie HIER

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