Für Genossenschafter:innen ist der Koalitionsvertrag der Berliner rgr-Koalition eine große Enttäuschung. Festgeschrieben wird ein ideenloses Weiter-So selbst an den Stellen, an denen Fehlentwicklungen längst deutlich zu erkennen sind. Statt neue Wege beim Ausbau preiswerten Wohnraums in Selbstverwaltung aufzuzeigen, setzt der Koalitionsvertrag ganz auf das Giffey’sche „Bauen, bauen, bauen“. Was das für die Zukunft heißt, zeigt sich derzeit gerade in Hamburg, der Stadt, von der Berlins neue Bürgermeisterin gern als wohnungspolitisches Vorbild schwärmt. Dort wurde der Mietspiegel jetzt um 7,3% angehoben. Wier haben einen kurzen Gang durch den Koalitionsvertrag aus gemeinwirtschaftlicher Sicht unternommen. (mehr …)
Der Termin des 2. Alternativen Genossenschaftstages steht: Eröffnung ist am Freitag, 29. Oktober, mit einer Podiumsdiskussion, am Samstag, 30. Oktober, werden wir in Workshops zu aktuellen genossenschaftlichen Fragen arbeiten. Wir gehen davon aus, dass der Genossenschaftstag als Präsenzveranstaltung stattfinden kann. Weitere Informationen folgen Ende August.
Viele Genossenschaften, die wegen hoher Nutzungsentgelte von den Regelungen des Mietendeckel-Gesetzes betroffen waren, fordern die entgangenen Summen nun nach dem Scheitern des Gesetzes vor dem BVerfG nach. Als Begründung verweisen die Vorstände u.a. auf das Steuerrecht. Wir haben dem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Sven Schneider (Name geändert) verschiedene Schreiben von Genossenschaftsvorständen zur Prüfung vorgelegt. Sein Fazit: „Die Argumente erscheinen konstruiert nach dem Motto: Wir wollen auf jeden Fall nachfordern – wie können wir das begründen?“
Aus dem oben stehenden Interview mit dem Steuerberater Schneider ergibt sich für uns GENOSSENSCHAFTER*INNEN eine klare Schlussfolgerung: Die Forderung der Nachzahlungen kann nicht eine einsame Vorstandsentscheidung sein, sondern muss der Generalversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden. Aufsichtsräte als Vertreter:innen der Mitgliederinteressen sollten dieses von sich aus in die Wege leiten. Für „einfache“ Mitglieder bleibt wohl nur ein Schreiben an Vorstand und Aufsichtsrat, da die Hürden für einen Mitgliederantrag in den Genossenschaften skandalös hoch sind.
Das Verfassungsgerichtsurteil vom 15. April, mit dem der Berliner Mietendeckel wegen fehlender Landeszuständigkeit für ungültig erklärt wurde, hat in den Genossenschaften eine breite Diskussion über Nachforderungen ausgelöst. Einige Genossenschaften haben bereits entschieden, auf Nachzahlungen zu verzichten. Neben der 1892 (s. Artikel) gehören dazu die Wohnungsgenossenschaft Neukölln eG und die GeWoSüd.
Auch nach Vorlage des Gesetzentwurfs zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, in dem Genossenschaften und andere gemeinwirtschaftliche Wohnungsunternehmen ausdrücklich von der Enteignung ausgenommen werden, setzen die Gegner des Volksbegehrens weiter auf falsche Informationen.
Angeheizt wird die Angstkampagne durch die CDU, allen voran Mario Czaja, der für seine Wahlkampagne in Marzahn-Hellersdorf (er hat keinen Platz auf der CDU-Liste bekommen) eigens eine Initiative „Freundeskreis der Genossenschaften in Marzahn-Hellersdorf“ gegründet hat. Unter dem Signet dieser Initiative verbreitet er im Ostteil der Stadt mit Hauswurfsendungen die Mär von der drohenden Enteignung der Genossenschaften weiter. Das hat zu Verunsicherung geführt.
Dagegen wenden sich nun auch Vorstände von Genossenschaften. Der Vorstand der WBG Wuhletal, der betont, dass er die Ziele des Volksbegehrens nicht unterstützt, schrieb am 2.6. an die Mitglieder: „Leider wurden wir im Vorfeld nicht zur Postwurfsendung informiert, sodass wir erst jetzt im Nachgang reagieren können. Wir möchten all unseren Genossenschaftsmitgliedern, die durch die aktuelle Berichterstattung zum Thema Enteignung bzw. Vergesellschaftung beunruhigt sind, versichern: Ängste und Bedenken in Zusammenhang mit einem möglichen Wohnungsverlust sind absolut unbegründet.“
Aktiv gegen die Desinformation: Unser Flyer
Wir Genossenschafter*innen wenden uns gegen diese Desinformation und haben einen Flyer erstellt, der die geplante Vergesellschaftung aus genossenschaftlicher Sicht bewertet. Der Flyer steht für die elektronische Verbreitung als pdf zur Verfügung (Download HIER). Für gedruckte Exemplare für Nachbar:innen und Briefkästen bitte Anfragen an info@genossenschafter-innen.de
„DW &Co Enteignen“ und die Frage der Vergesellschaftung der großen Immobilienkonzerne ist gerade nach dem Scheitern des Mietendeckels auch in den Genossenschaften weiter ein Diskussionsthema. Viele Genossenschafter:innen beteiligen sich aktiv an der Kampagne. Aber es gibt auch Skepsis und erbitterte Gegnerschaft. Sind Enteignung und Vergesellschaftung ein Beitrag zur Lösung der Wohnungskrise? Infos und Einschätzungen aus erster Hand gibt es am Dienstag, 18. Mai um 19 Uhr in einer Online-Diskussionsveranstaltung mit Rouzbeh Taheri. Taheri ist seit vielen Jahren in der Mietenbewegung aktiv und Sprecher von „DW&Co Enteignen“. Der Zugang wird demnächst hier bekannt gegeben. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich
Die Adresse Knobelsdorff-Str. 96 ist so etwas wie das Headquarter der Bewegung gegen den Mietendeckel. Dort residiert die „Initiative Wohnungsgenossenschaften“ (die mit dem Bauklötzchen-Logo), die im letzten Jahr die Litfaßsäulenkampagne gegen den Mietendeckel organisierte. Dort ist auch die „Gilde Heimbau“ zu Hause, eine 100%ige Tochter von 1892, die u.a. die Mitgliederzeitungen produziert, in denen das Kampagnenmaterial der „Klötzcheninitiative“ abgedruckt wird, und schließlich die Geschäftsstelle der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG, mit knapp 7000 Wohnungen eine der Großen in Berlin.
Ein Gang durch die hauseigene Mitgliederzeitung „1892 aktuell“ zeigt, wie der Vorstand von 1892 im Jahr 2019 alle Register gezogen hat, um Stimmung gegen den Mietendeckel zu machen.